Monat: Juli 2025

  • Vier Augen sehen mehr – Mentorship

    Vier Augen sehen mehr – Mentorship


    Vier Augen sehen mehr

    Ursprünglich 2015 begonnen, nun in überarbeiteter Fassung veröffentlicht.

    Der Einstieg in die Freiwilligenarbeit

    Im Jahr 2015 begann ich meine Tätigkeit als Freiwillige in einer Sterilisationsklinik – im Aufwachraum 1 für Hunde. Obwohl ich seit 2002 als Tauchlehrerin arbeite, schlägt mein Herz auch für den Tierschutz. Neben meinen eigenen adoptierten Tieren hier in Mexiko konnte ich bereits vielen weiteren Tieren zu einem besseren Leben verhelfen – sei es durch direkte Adoption oder durch Verbesserungen ihrer Lebensumstände.

    Tierärzte auf Zeit: Die Arbeit von VIDAS

    Wie schon in den vergangenen Jahren, unterstütze ich auch dieses Jahr wieder eine Sterilisationskampagne in Playa del Carmen. Tierärztinnen und Tierärzte nehmen sich Urlaub, um mit der Organisation VIDAS so viele (Straßen-)Tiere wie möglich zu kastrieren. Seit 2002 hat VIDAS das Leben zehntausender Tiere in Mexiko verbessert – ein beeindruckendes Engagement, das von vielen Organisationen bis heute weiterhin gezeigt wird.

    Struktur und Zusammenarbeit in der Klinik

    Jedes Tier wird von einem ausgebildeten und erfahrenen Tierarzt operiert. Andere Tierärzte sowie Tierärzt*innen in Ausbildung arbeiten in Vorbereitung und Nachsorge – unterstützt von geschulten Freiwilligen, die mit klaren Anweisungen in ihre Aufgaben eingeführt werden.

    Im letzten Jahr begann ich damit, chirurgische Instrumente zu sterilisieren – eine Aufgabe, die sonst niemand übernehmen wollte. Später wechselte ich in den Aufwachraum für Hunde, wo ich auch dieses Jahr wieder tätig war – sowohl in Raum 1 (direkt nach der Narkose), als auch in Raum 2 (wo die Tiere bereits mit ihren Besitzern sind).

    Schulung und Betreuung

    Für jede Aufgabe erhalten wir Freiwilligen eine Einweisung. Die Organisation Coco’s Animal Welfare bietet sogar Halbtageskurse an, die Grundlagen der postoperativen Erste Hilfe bei Hunden und Katzen vermitteln.

    Täglich begegne ich neuen Situationen. Doch ich bin nie allein: Ein Tierarzt oder erfahrener Helfer ist immer zur Stelle, beantwortet jede Frage und erklärt jedes Verfahren. Diese Lernumgebung ist ein Geschenk.

    Der Ablauf im Aufwachraum

    Unsere Aufgabe im Aufwachraum ist es, das Tier beim Aufwachen zu beobachten und jegliche Auffälligkeiten zu melden:

    • Wir entfernen Katheter und Beatmungsschläuche.
    • Melden Floh- oder Zeckenbefall.
    • Überwachen Atmung, Temperatur, Übelkeit oder andere Symptome.
    • Schneiden Krallen.
    • Und flüstern beruhigende Worte ins Ohr unserer pelzigen Patienten.

    Jeder ungewöhnliche Vorfall folgt demselben klaren Ablauf:

    1. Der Freiwillige bemerkt etwas und meldet es ruhig.
    2. Der zuständige Tierarzt überprüft die Situation und fragt nach Details.
    3. Die Lage wird professionell eingeschätzt.
    4. Der nächste Schritt wird erklärt – zur Weiterbildung aller Beteiligten.

    Ich selbst bin weder Tierärztin noch medizinisch ausgebildet – meine höchsten Qualifikationen im Erste-Hilfe-Bereich stammen aus der PADI- und DAN-Ausbildung. Dennoch darf ich hier täglich von erfahrenen Fachleuten lernen – eine außergewöhnliche Gelegenheit.

    Der Wert der zweiten Meinung

    Was mich besonders beeindruckt: Die Tierärzte konsultieren regelmäßig ihre Kolleg*innen. Ob zur Absicherung der Diagnose, zum Erfahrungsaustausch oder zu Lehrzwecken – eine zweite Meinung scheint Standard zu sein. Ich erlebe täglich ein offenes, respektvolles und lernförderndes Miteinander, in dem jede Stimme zählt. Diese Kultur des Dialogs und der Wertschätzung ist inspirierend.

    Ein Vergleich zur Tauchwelt

    Im Gegensatz dazu sieht die Realität in der Tauchwelt oft ganz anders aus.
    Ein gut gemeinter Hinweis wird schnell als Kritik verstanden, das Ego des Tauchpartners ist leicht verletzt. Ich musste früh lernen, wie sensibel man Verbesserungsvorschläge verpacken muss. Leider begegnet man dort oft:

    • Rivalität statt Kooperation,
    • Neid statt Unterstützung,
    • Zurückhaltung statt Wissensteilung.

    Mehr als einmal wurde ich wegen offener Meinungsäußerung bedroht – persönlich oder öffentlich. Und oft denke ich, es wäre einfacher, allein zu tauchen, statt sich solchen Dynamiken auszusetzen. Selbst erfahrene Taucher verweigern oft die Weitergabe ihres Wissens – selbst wenn man explizit darum bittet.

    Nach gründlicher Selbstreflexion bin ich überzeugt, dass dieses Problem nicht an meiner Person liegt. Viele meiner Kolleg*innen machen ähnliche Erfahrungen – wir sind gefangen in einem Kreislauf aus Unsicherheit und Konkurrenz.

    Was wäre, wenn…?

    Was wäre, wenn Tauchguides und Taucher sich genauso verhalten würden?
    Würde Wissen weitergegeben oder verloren gehen?
    Würden junge Kolleg*innen von Erfahrung profitieren oder nur aus Lehrbüchern lernen?

    Warum ist es in der Tauchszene so schwer zu akzeptieren, dass man auch nach dem Kurs noch lernen kann – und sollte – besonders durch die Augen und Erfahrungen anderer?

    Denn: Vier Augen sehen mehr. Und gemeinsam lernen wir besser.

    Mentoring nicht nur unter Wasser

    Als Instructor Trainer ist Coaching und Mentoring ein zentraler Bestandteil meiner Trainingsphilosophie. Ich glaube fest daran, dass individuelles Wachstum im Tauchen nicht nur durch Kurse, sondern durch kontinuierliche Reflexion und kollegiale Unterstützung geschieht.

    In meiner Rolle als Cave Instructor engagiere ich mich zudem als Evaluator für die lokale, freiwillige Organisation CREER, die sich dem Ziel verschrieben hat, das Höhlen- und Grottentauchen in den Cenoten Mexikos für Besucher sicherer zu machen.

    Mehr Informationen zu meinen Trainingsansätzen und Mentoring-Programmen findest du auf meiner Webseite:


    👉 https://divingcaves.de/instructor-training/