Ökologische Katastrophe

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Am 06.04.2008 ist der Frachter „Cembay“ mit über 10.000 Tonnen Zement und Steinen geladen bei dem Versuch, den Hafen von Calica anzulaufen, auf das Riff Sabalos aufgelaufen.

Dies ist eine Zusammenfassung, der bisherigen Ereignisse und keine unparteiische Berichterstattung. Ich bin schlichtweg entsetzt über die langwierige Aktion und die Gefährdung, die für uns Taucher, die ganze Industrie und letztendlich den Touristenort Playa del Carmen ausgeht.

Der Frachter „Cembay“, in Nassau registriert, mit einem polnischen Kapitän, grösstenteils philippinischer Besatzung und einem mexikanischen Offizier lief auf das Riff auf, als er in einem eigentlich regulären Anlegemanöver in den tiefen Hafen von Calica einlaufen wollte. Dieser befindet sich südlich ausserhalb von Playa del Carmen, gleich im Anschluss an den Vergnügungspark Xcaret. Der Unfall wurde auf die heftige Strömung und die hohen Wellen geschoben, es herrschte aber um diese Zeit kein aussergewöhnlich schlechtes Wetter; der Hafenmeister hatte zwar für den Tauchbetrieb den Hafen geschlossen, dies passiert aber um diese Jahreszeit öfter. Der eigentliche Grund war ein Maschinenversagen, so dass der Frachter nicht mehr manövrieren konnte und aufgrund der auflandigen Winde auf das Riff gedrückt wurde.

Am Montag 07.04.08 konnten wir mit unserem Tauchboot noch zu den südlichen Tauchplätzen rausfahren, jedoch wurden später die Tauchplätze Barracuda, Sabalos, Tortuga, Mama Vina für den Tauchbetrieb bis auf weiteres geschlossen.

Der Frachter hat eine Länge von 132 Metern und ab Tag 2 versuchten zwei kleine Abschlepper das Cargoschiff vom Riff wegzudrücken. Der Lärm der dauernd sich drehenden Schiffsschrauben war im über 2km entfernten Tauchplatz Mama Vina noch deutlich zu hören. Diese Abschlepper bemühten sich die vergangenen 3 Wochen rund um die Uhr, den Frachter teils zu schieben, teils auch mit einem langen Zugseil vom Riff zu entfernen und in tiefes Wasser zu bringen.

Die anfänglichen Manöver wie auch eingeleitete Reparaturarbeiten an den Maschinen ergaben keine unmittelbaren Ergebnisse, so dass weitere grössere Abschlepper herbeigerufen wurden. Da niemand hier auf eine solche Katastrophe vorbereitet war, wurden Schlepper bis von den Bahamas herbeordert. Dies hiess natürlich eine weitere Verzögerung. Trotzdem konnte man aber keine Ergebnisse vorweisen.

Nach ca. 10 Tagen kam endlich ein kleineres Cargoschiff an und man begann den Treibstoff umzupumpen. Man erhoffte sich, dass das Schiff dadurch mehr Auftrieb hat und sich somit leichter vom Riff lösen kann. Es gingen auch Gerüchte um, dass durch die dauernde Zugbelastung das Risiko besteht, das Schiff könnte brechen. Einiger Treibstoff ist ausgelaufen (fehlerhaftes Umpumpen oder Lecks?) und an der Oberfläche wurden flächige Bojen auf das Wasser gelegt, um ein Auseinanderlaufen zu verhindern. Das Umfüllen des Treibstoffs brachte nicht den erhofften Erfolg, also fing man dann an, die Ladung auf den kleineren Frachter umzuladen.

Nicht genug der Pannen und Pleiten, ging der Kran kaputt und die Umladung der losen Zementfracht wurde daduch behindert. Ersatzteile waren nicht schnell genug vorhanden.

Nach knapp 3 Wochen erreichte uns gestern die Nachricht, dass der Frachter vom Riff frei ist und „unverzüglich“ (Zitat aus der Zeitung!!) nach Cozumel zur Reparatur geschleppt wurde.

Ersten Einschätzungen nach sind ca. 800 m² des Riffsystems Sabalos mit dem vorgelagerten Tortuga zerstört. Dies geschah aufgrund der mechanischen Einwirkung des Schiffsrumpfes, wie auch die wochenlangen Schleppbemühungen der bis zu 4 Schleppern, die mit ihren Schiffsschrauben Sediment und Sand aufgewühlt haben, so dass diese das Riff überzogen wie wahrscheinlich auch durch die rotierenden Wassermassen sämtliche festsitzenden Korallen und Schwämme abgerissen wurden.

Ich wage nicht mir auszumalen, wie sich die Lärmbelastung und auch die Vibrationen auf die Schildkröten und die sonstige Unterwasser- Fauna ausgewirkt haben. Tortuga zählt zu den wenigen Tauchplätzen der Welt, die man zu jeder Jahreszeit betauchen kann und man im Schnitt 10- 20 Schildkröten sichtet. Alle Meeresschildkröten sind vom Aussterben akut bedroht und stehen offiziell unter Artenschutz durch das Washingtoner Artenschutzabkommen. Wir sehen meist die Unechte Karettschildkröte, aber auch die Echte Karett und die Grüne Meeresschildkröte.

Das Riff Sabalos ist durch die direkte Krafteinwirkung auf ca. 200 Metern komplett zerstört. Es bleibt die Frage, inwieweit andere Teile des Riffes betroffen sind.

Die Tauchplätze Barracuda und Mama Vina wurden grösstenteils aus Sicherheitsgründen für die Taucher gesperrt, da man zum Ende des Tauchgangs relativ nahe an den Frachter hinkommt. Eine direkte Schädigung durch Öl, Sand, Wasserverwirbelungen ist fast auszuschliessen, da diese Riffe in der vorherrschenden Strömung strömungsaufwerts liegen.

Die Frage, wer haftbar ist und wer für die Schäden zahlen wird, wird zwar zögerlich diskutiert, aber offenbar gibt es von offizieller Seite Anstrengungen dazu. Es bleibt zu hoffen, dass Politiker, Stadt und Region alle Anstrengungen unternehmen, um den Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Was ich bisher nicht verstanden habe, inwieweit Cemex (der Baustoffhersteller, der den Zement produziert) in Haftung genommen wird.

Ich hoffe auf zahlreiche Kommentare von besorgten Tauchern, die meinen Blog lesen. Diese Kommentare werde ich an die APSA weiterleiten (Vereinigung der Wassersport und Tauchveranstalter der Riviera Maya), die diese dann gebündelt an die richtigen Stellen weiterleiten kann. Kommentare in Deutsch willkommen, wer ihn in Englisch verfassen kann, um so besser.

Ich hoffe, ich kann mir bald selber ein Bild von den Schäden machen und melde mich mit weiteren Nachrichten.


2 Antworten zu „Ökologische Katastrophe“

  1. Avatar von Michael
    Michael

    Hallo Christine,
    ein halbes Jahr ist nun der Aufenthalt bei Dir / Euch her. Oft ist die Euphorie direkt nach einem Urlaub recht hoch und flacht so nach und nach ab. Bei diesem Urlaub war dies anders. Noch immer schwärme ich von diesem Urlaub, von PDC, den unvergleichlichen Tauchgängen und dem reibungslosen Ablauf, an dem Du ja großen Anteil hattest. Von Zeit zu Zeit besuche ich auch deine Website und freue mich, dass Du nun auch die Vorzüge von „anständigen Steilwandtauchgängen“ kennengelernt hast :-)) – Gruß vom TCW

    Doch was du nun zu dem „Fastwrack“ berichtest ist ja der Hammer.
    Leider ist die Natur in solchen Fällen immer der Verlierer, Schadenersatz hin oder her, die Schäden sind auch nach Jahren und Jahrzehnten noch Spürbar. Ich hoffe für das Riff und Euch, dass die Strömung das aufgewühlte Sediment an den Beach spült und die Schildkröten die Störung gut verkraftet haben.
    Denn Sie sind es im Besonderen, die den Reiz der Tauchplätze an Sabalos ausmachen.
    viele Grüße aus Wolfsburg
    Micha und Bine

  2. Avatar von christine
    christine

    In der Zwischenzeit sind einige Monate vergangen und ich war viele Male and Tortuga und Sabalos tauchen, Sabalos war länger gesperrt als die anderen Riffe. Von oben aus Sicherheitsstopp-Tiefe konnte man keine Schäden erkennen, eine Furche markierte die Stelle, an der das Schiff Kontakt zum Grund hatte, aber es hielt sich noch in räumlich begrenztem Rahmen. Über die Monate meine ich eine Tendenz zu sehen, dass die Schildkröten nicht ganz so zahlreich sind, aber das kann auch eine langfristige Schwankung über die Jahre sein. Wir haben die Tarpune wieder hier, aber auch diese sehr am Ende und die Schule scheint nicht so gross wie vergangenes Jahr zu sein. Es scheint also, dass die Natur dies doch gut abpuffern konnte. Durch die Stahltrossen sind riesige Fassschwämme abgerissen worden und gigantische halbkugelförmige Steinkorallen. Das sind Schäden, die sicherlich eine Narbe im Riff hinterlassen werden und nicht reparabel sind. Wir können dennoch von Glück sagen, dass nicht mehr passiert ist. Die Ölpfütze an der Oberfläche hat sich zerstreut oder sie wurde abgepumpt – ich weiss nicht. Durch die ständige Strömung kann man am Riff nichts davon sehen, wie der Strand an diesem Abschnitt aussieht, darüber habe ich noch keine Informationen, vom Boot aus sieht es OK aus, ein Beach Clean- up ist dort immer angebracht, weil viel von den Resorts angespült wird.

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