Kategorie: Lernen

  • Three Times makes Easy

    Three Times makes Easy

    oder Wie man sich am besten auf eine Prüfung vorbereitet

    Die Materialien, die wir erhalten, damit wir unsere Studenten korrekt auf die theoretischen Grundlagen ihres Tauchkurses vorbereiten, sind ein Teil der Vorbereitung. Aber wir müssen sie auch korrekt einsetzen.

    Ein Beispiel aus meiner Zeit, als ich Sporttauchkurses regelmässig unterrichtet habe:

    Kunde kommt in den Laden und möchte seinen Tauchkurs beginnen. Die Frage nach vorhergehender Erfahrung beantwortet er mit nein und ach ja, ‚ich bin auch nur eine Woche hier‘. Ihm wird das Buch in die Hand gedrückt und wenn der Tag noch nicht zu weit fortgeschritten ist, dann auch gleich die entsprechenden Videos (falls sie für den Kurs vorhanden sind). Die Wiederholungsfragen werden unmittelbar nach dem Video beantwortet und aus Zeitmangel wird auch oft mal gesagt, dass man sich die Wiederholungsfragen nach jedem Kapitel ansehen soll. Wenn man die nach dem Video beantworten kann, dann ist das ok und man braucht nicht das ganze Buch zu lesen, wenn nicht, einfach den entsprechenden Abschnitt im Buch nachlesen.

    Ich geb es zu, ich habe meine Tauchschüler auch schon so geprept.

    Die Frage ist, ob der Tauchschüler tatsächlich alles Notwendige im Langzeitgedächtnis abgespeichert hat.

    Bei der Lektüre zu einem etwas anderen Thema – nämlich klassischer, instrumentaler und operanter Konditionierung – bin ich dann auf diese überaus ausführliche Seite gestossen und das Einleitungskapitel hat mich zu diesem Blog inspiriert.

    Mehr kann man hier unter dieser Seite nachlesen (auf Englisch) auf der Seite Psych Web von Dr. Dewey.

    Für solche Studenten, denen das Wissen nicht sofort zufliegt, ist seine Schlussfolgerung, dass man eine neues Thema dreimal studieren sollte (intensiv durchlesen und nichts sonst), damit es verstanden wird und man es zu seinem eigenen Gedankengut macht. Und dies nennt es sein „Three Times makes Easy“.
    In der ersten Stufe macht man sich mit der Thematik bekannt, aber es entsteht noch kein stimmiges Ganzes. Der Student sagt, ‚Ich hab das studiert‘, aber er kann noch keine Antworten auf die Wiederholungsfragen geben, wenn das Buch geschlossen ist.
    Beim zweiten Durchlesen formen sich Verlinkungen. Einige Dinge beginnen Sinn zu machen. Der Student kann auf diesem Level isolierte Antworten geben, die korrekt klingen, aber er kann sie nicht diskutieren, was sie in einem grösseren Kontext bedeuten.
    Beim Dritten Durchlesen wird alles klar. Oft erscheint es in der Rückschau als einfach oder selbstverständlich. Ein Student auf diesem Level fühlt sich mit dem Material vertraut und könnte es einem anderen Studenten beibringen.

    Alles was notwendig ist, um Lernen einfach zu machen, ist das dreimalige Lesen.

    Die Wiederholungsfragen werden nach dem Durchlesen beantwortet, nachdem man eine kleine Pause gemacht hat, damit man auch wirklich abtestet, dass man auf das Langzeitgedächtnis zugreift.

    Im Tauchen haben wir dieses Dilemma augenscheinlich gelöst, in dem das Wissen via Video, Textbuch und praktischer Wiederholung anhand von Wiederholungsfragen, Abschlusstest und den praktischen Anwendungen in und am Wasser angewendet werden. Wichtig ist aber, dass es mehrmals vorkommt, damit es zu einem permanenten Erinnern und Verstehen kommt. Aber reicht es auch, dass es wirklich gelernt ist und im Langzeitgedächtnis abgespeichert ist?

    Wie sind eure Erfahrungen damit?

    Christine

    Die Idee für diesen Beitrag kam übrigens zustande, weil ich im Lernen bin, wie ich meine Hunde am besten trainieren kann, da offensichtlich kein grosses Angebot an guten Trainern hier in meiner Gegend besteht.

    Zum Weiterlesen über Trainingstheorien hier auch ein weiterer Beitrag von mir, in dem ich über ähnliche Mechanismen der Kompetenzstufenentwicklung geschrieben habe.

    Diesen Blog habe ich auch 2024 nach 10 Jahren nochmal überarbeitet.

  • Taucher und Druckausgleich

    Taucher und Druckausgleich

    In der Praxis begegne ich sehr häufig Tauchern, die obwohl sie bereits seit vielen Jahren tauchen, dennoch die falsche Druckausgleichstechniken anwenden. Wie jede schlechte Angewohnheit ist es umso schwieriger eine einmal gelernte Verhaltensweise umzulernen, als von Anfang an das Korrekte zu erlernen.

    Auch Tauchanfänger bekommen oftmals die falschen Informationen, die dazu führen, dass der Taucher während oder nach dem Tauchen Beschwerden hat.

    Als Tauchlehrer mit über 10 Jahren Erfahrung im Unterrichten von Anfängern bis hin zum technischen Tauchen in Höhlen (dies seit 2009), ist es mein Bestreben auch bei „nur“ geführten Tauchgängen, solche Fehlinformationen und falsches Verhalten zu korrigieren. In Kursen ist es sowieso fester Bestandteil und ich bin stolz, dass ich vielen schon helfen konnten, die sonst vermutlich wenig Freude beim Tauchen hätten.

    Seitdem ich den Link von Dr. Edmund Kay mit dem hervorrangenden Video eines Vortrags über den Druckausgleich gefunden habe, hilft eingangs schon ein Verweis auf dieses Video verbunden mit dem Einüben der korrekten Techniken am Tauchplatz und während der Tauchgänge vor allem beim Abtauchen. Leider ist die Seite und das Video „The Diver’s Ear – Under Pressure“ nur auf Englisch vorhanden.

    Ich kann es nur wiederholen, das Ansehen, Üben und Anwenden der korrekten Techniken hilft Probleme und Schmerzen zu vermeiden.

    Einige der oft gehörten Aussagen:

    Meine Tuben sind sehr eng und ich kann den Druckausgleich nicht richtig machen und es schmerzt immer.

    Natürlich gibt es pathologische Veränderungen, die dauerhaft den Druckausgleich erschweren oder Erkrankungen wie Schnupfen, Allergien, die die Durchgängigkeit der Tuben so weit herabsetzen, dass ein Druckausgleich nicht herbeigeführt werden kann. Dann heisst es aber: absolut tauchuntauglich (wenngleich im Falle des Schnupfens etc. dies meist nur temporär tauchuntauglich ist).

    Die Enge der Tuben ist nicht der Grund der Schmerzen, sondern dass zuwenig Druckausgleich herbeigeführt wird, zu spät oder die falsche Technik angewandt wird.

    Mein Arzt hat gesagt, dass ich immer Probleme und Schmerzen haben werde und das ist ok.

    Diese Aussage habe ich tatsächlich so gesagt bekommen. HALT, nein, es ist nicht ok!

    Am Ende des Urlaubes geht es dann.

    Ich würde den Tauchern wünschen, dass es bereits am ersten Tauchtag gut klappt und man kann dies mit der richtigen Druckausgleichstechnik erlernen. Am Ende des Urlaubs hat der Taucher sonst ein Barotrauma oder mit viel Glück sich dann durch die Erfahrungen während der Tauchgänge in seinem Verhalten so angepasst, dass weniger Schmerzen auftreten. Es geht auch schmerzfrei!

    Ich habe Tropfen dabei, die ich immer nehme.

    Im eigentlichen Sinne der Tauchtauglichkeit ist der Taucher nicht fit für den Tauchgang, wenn er Medikamente nehmen muss.

    Ich habe nach dem Tauchen immer das Gefühl, wie wenn ich Watte in den Ohren habe und schlecht höre.

    Das Trommelfell hat höchstwahrscheinlich schon ein beginnendes Barotrauma und dieses Anzeichen sollte ernst genommen werden. Man sollte mit dem Tauchen ein paar Tage aussetzen, bis sich das Hörvermögen wieder normalisiert hat.

    Ich brauche etwas länger für den Abstieg.

    Erstmal ist dagegen absolut nichts einzuwenden. Der Taucher, der am meisten Zeit benötigt, gibt das Tempo vor. Problematisch wird es, wenn die Buddyteams getrennt werden (mein Partner wartet schon mal unten auf mich), wenn es Strömungstauchgänge sind (mit unterschiedlicher Strömung an der Oberfläche und im Freiwasser bzw. am Grund) und vor allem dann, wenn in Strömung der Tauchplatz auch noch relativ klein ist. Jeder Taucher sollte sich im Urlaub immer eintauchen und diese Tauchgänge gegen Ende legen, wenn alles wieder wie geschmiert läuft. Sind jedoch die Druckausgleichsprobleme bis dahin nicht behoben, gibt es leider eine Einschränkung und diese Tauchplätze sind nicht für diese Taucher geeignet. Im Falle des Grottentauchens muss man auch noch berücksichtigen, dass während des Tauchgangs mehrmals Tiefenwechsel stattfinden können und man bei manchen Grotten- oder Höhlentauchgängen durch flache Bereiche taucht und danach wieder abtauchen muss, um an den Ausstieg zurückzukommen.

    Noch niemand hat mir das zuvor gesagt

    Auch wenn der Taucher es nicht hören will und sich auch vielleicht in seiner Taucherehre gekränkt fühlt. Aber aus Gründen der Tauchsicherheit behalte ich mir das Recht vor, Tauchplätze nicht anzubieten, wenn ich das Gefühl habe, dass es über das taucherische Können des Tauchers hinausgeht. Und im Fall von Druckausgleichsproblemen sollte der Taucher selber seine Gesundheit ernst nehmen. Damit es zu keinem Unfall kommt, der aus Unwissenheit über die Tauchbedingungen passiert, bin ich in diesem Fall lieber übervorsichtig. Risikobereitschaft und „Das wird schon gut gehen“ Denken haben im Tauchsport nichts zu suchen.

    In diesem Sinne, allzeit gute Tauchgänge, und viel Spass beim Üben der verschiedenen Druckausgleichstechniken.

    Christine

  • Lernen, wie lernt man und wie werde ich ein Höhlentaucher

    Lernen, wie lernt man und wie werde ich ein Höhlentaucher

    Immer wenn ich einen neuen Studenten begrüsse, stelle ich unter anderem die Frage nach dem Warum? Die Hintergründe, die jemand angibt, was einen antreibt, genau das Warum, sind für mich immer sehr aufschlussreich und erleichtern mir in vielen Fällen die Planung und Durchführung des Kurses.

    Gleichwohl wichtig ist es herauszufinden, wie bereit der Student tatsächlich ist, neues zu lernen. Und hier komme ich schon zu einem der Kernpunkte, wie bewusst ist sich der Taucher, dass er lernen muss und wieviel er weiss und was er nicht weiss?

    Um Charles Darwin zu zitieren: „Ignorance more frequently begets confidence than does knowledge“ (Ignoranz erzeugt häufiger Vertrauen als es Wissen tut). Schon Darwin hat erkannt, dass wer nicht weiss, dass er nicht weiss, auch nicht bereit sein kann zu lernen, weil er ja nicht weiss, dass er nicht weiss. Das scheint nur verworren, hat aber seit einigen Jahren als Phänomen einen Namen: der Dunning-Kruger-Effekt. Dies bezeichnet die Tendenz inkompetenter Menschen, das eigene Können zu überschätzen, die eigenen Defizite nicht zu erkennen, und die Leistungen kompetenterer Personen zu unterschätzen. (siehe Wikipedia).

    In dieser Konstellation ist es problematisch einen Studenten für eine neue Lernerfahrung zu öffnen und ohne sein bereits erworbenes Wissen oder Fertigkeiten zu minimieren, ihn darauf vorzubereiten, dass er Neues aufnehmen kann.

    In der Kompetenzstufenentwicklung spricht man üblicherweise von 4 Stufen (auch Wikipedia), im Falle eines Lehrers möchte ich noch eine 5. Stufe hinzufügen:

    1. Unbewusste Inkompetenz: Das Individuum versteht nicht, worum es geht oder weiß nicht, wie es bewirkt werden soll; ebenso erkennt es seine eigenen Defizite nicht oder hat ein Problem, sie zu erkennen.

    2. Bewusste Inkompetenz: Die Person versteht oder weiß nicht, wie sie etwas erreichen kann, kennt jedoch ihre Defizite, kümmert sich aber nicht darum.

    3. Bewusste Kompetenz: Die Person versteht oder weiß, wie sie die Dinge anpacken muss, um ein Ziel zu erreichen. Trotzdem erfordert das Zeigen des Könnens und Wissens eine hohe Konzentration und Bewusstheit.

    4. Unbewusste Kompetenz: Das Individuum hat soviel praktische Erfahrung mit seinen Fähigkeiten, dass sie ihm in Fleisch und Blut übergehen und jederzeit abgerufen werden können, oftmals ohne höhere Konzentration in Anspruch nehmen zu müssen. Diese Person kann ihre Fähigkeiten, da sie sich ihrer nicht bewußt ist, nicht problemlos weitervermitteln wenn seit dem Erlernen ein längerer Zeitraum vergangen ist.

    Und 5. Bewusste Kompetenz der unbewussten Kompetenz: Das Übertragen der gelernten Erfahrung und Formulieren der Lerninhalte, so dass auch Laien und Anfänger (auf Stufe 1 stehende) dies aufgreifen können.

    Zurückkommend auf die 4 (5) Stufen, beschreibe ich einen Taucher:

    1. Ja ich habe eine Spule, mit 15m Leine für meine Boje. Was die Boje brauche ich nicht in der Höhle – aber was ist mit DIR? Warum brauche ich überhaupt eine Sicherheitsspule und ich weiss nicht wie ich Spulen handhabe und was der Unterschied der verschiedenen Spulen und Rollen ist.

    2. Ich verstehe den theoretischen Unterschied zwischen Fingerspulen und Spulen mit Griff und Nabe. Ich kann die normalen Hauptspulen nicht leiden, weil sie nicht das machen, was ich will. Die Fingerspulen sind zu klein, wenn ich Handschuhe anhabe und ich kann nicht mit ihnen arbeiten.

    3. Ich kann mit der Hauptspule umgehen, wenn ich langsam abtauche und mich auf die einzelnen Schritte und Prioritäten konzentriere. Meine Fertigkeiten verschlechtern sich, wenn ich unvorbereitet mit neuen Aufgaben oder abgeänderten Aufgaben konfrontiert werde wie zum Beispiel in einem anderen Höhlensystem abtauchen oder Kommunikation plus Tauchtechnik in Kombination mit der Leinenarbeit.

    4. Spulen, Hauptspulen ob geschlossen oder offen stellen für mich kein Problem dar und ich wähle aufgrund der Tauchgegebenheit die passenden Spulen aus.

    5. Als Instruktor vermittle ich logisch und stufenweise aufgebaut die einzelnen Schritte, um eine Überladung des Studenten zu vermeiden und das Lernen zu vereinfachen. Gleichzeitig bin ich in der Lage, bei Problemen zu intervenieren und bei neuen Situationen entsprechend richtig zu reagieren und zu korrigieren.

    Üblicherweise setze ich 8-10 Tage für das Höhlentauchtraining an. Selbst bei Tauchern, die bereits fortgeschrittene Tarierungs- und Vortriebstechniken aufweisen und eventuell auch schon Erfahrung im Tauchen mit technischer Ausrüstungskonfiguration haben, stelle ich fest, dass viele Taucher auf Stufe 3 nach den geplanten und durchgeführten Trainingstagen. Wenn sie einen Kurs beenden dann vielleicht auf einer niedrigeren Stufe (wollte full cave, wurde intro-to-cave zertifiziert usw.), denn natürlich möchte ich betonen, dass ich nur zertifiziere, wenn jemand die Anforderungen zur Zertifizierung erfüllt. Für das Lernen von motorischen Fertigkeiten kommt darüberhinaus natürlich hinzu, dass nicht jeder Taucher die gleichen motorischen Fähigkeiten, Feedback- Techniken, Körpergefühl und motorische Lernfähigkeit besitzt. Dies sind spätestens beim technischen Taucher die Limitierungen der Ausbildung, der Punkt an dem man den Studenten nach Hause schickt mit der Aufgabe zu Üben und das Gelernte weiter anzuwenden und zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurückzukommen um das Training wieder aufzunehmen.

    Tips für die Zukunft meiner Taucher beinhalten auch immer, das zu üben, was sie am wenigsten mögen und weiter umsichtig und bedacht zu tauchen.

    Das gegenseitige Lernen bedeutet für mich, dass ich auf Stufe 5 von jedem (wirklich jedem) meiner Studenten lerne. Glücklicherweise bin ich seit 2012 auch wieder in der Lage, diese Lernerfahrungen in Ruhe durchzudenken, zu verarbeiten und mich weiterzuentwickeln. Für mich gehört nicht nur dazu, viel zu Tauchen und im Dschungel neue Systeme zu erforschen, sondern auch das Lernen der theoretischen Basis.

  • Wie man ein guter Taucher wird

    Wie man ein guter Taucher wird

    Die Frage, wie man ein Taucher wird, ist leicht beantwortet: man schreibt sich in einen OWD Kurs ein, absolviert alle geforderten Teile und erhält danach eine Zertifizierung.

    Inwieweit verändert das kleine Wörtchen „gut“ diese Vorgehensweise?

    Neben vielen Punkten, die überall immer wieder aufgelistet werden, wie eine eigene Ausrüstung haben, die Ausrüstung kennen, die Tauchregeln kennen und anwenden und vor allem Tauchen gehen, scheint mir ein Aspekt besonders wichtig: Eigenverantwortung übernehmen.

    Mit vier Tauchgängen heisst Eigenverantwortung, dass man weiss, dass man eigentlich noch nicht viele unterschiedliche Tauchbedingungen und Gebiete betaucht hat und dass man sich sicherlich mit einem erfahreneren Taucher in Bezug auf den Schwierigkeitsgrad des Tauchgangs beraten sollte.

    Wenn also der Taucher zu mir kommt und gleich den Advanced Kurs anfangen möchte, obwohl er erst 4 Tauchgänge und das letzte Mal vor einem Jahr getaucht hat, da frage ich mich wirklich, ob das wirklich durchdacht ist oder ob es nur um das Sparen geht, weil ja der Kurs nicht viel teurer ist als die Tauchgänge alleine.

    Mit 20 Tauchgängen heisst Eigenverantwortung, dass man sich erinnern sollte, wie man sich in seinem letzten Urlaub am ersten Tauchtag und im Vergleich dazu am letzten Tauchtag gefühlt hat. Man sollte nicht den Fehler machen, zu glauben, dass man an sein Wohlbefinden des letzten Tages nahtlos anschliessen kann, also heisst das wiederum, zuerst einfache und flache Tauchgänge im Urlaub einzuplanen.

    Nach drei Jahren Tauchpause heisst Eigenverantwortung, dass ein Auffrischungskurs besucht wird. Der Tauchgang im Schwimmbad ist eine hervorragende Möglichkeit, Fertigkeiten wieder aufzufrischen, jedoch sollte man aber idealerweise auch einen leichten Tauchgang im Freiwasser anschliessen.

    Wenn ich mich auf einen Tauchgang vorbereite, überlege ich mir, ob ich alles Notwendige dabei habe. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, wie vergeudet der Tag ist, wenn ich nach einer halben Stunde Fahrt endlich am See ankomme und dann feststelle, dass ich nicht genug Blei dabei habe. Wirklich frustrierend!

    Also checke ich
    – habe ich die komplette Ausrüstung, die ich benötigen werde?
    – sind Flaschen voll und die Ausrüstung voll funtionsfähig?
    – wenn ich mit einer Tauchschule tauche, habe ich mein Zertifikat dabei, das belegt, dass ich ein ausgebildeter Taucher bin und falls notwendig und gefordert auch die Tauchtauglichkeitsuntersuchung?
    – fühle ich mich körperlich und geistig fit für diesen Tauchgang?
    – habe ich alle notwendigen Informationen über den Tauchplatz und kenne die entsprechenden Tauchverfahren?

    Nur nach Prüfung obiger Fragen und positiver Antwort, bin ich vorbereitet, als verantwortlicher Taucher tauchen zu gehen.

    Nun kann es dann doch mal passieren, dass nicht alles gut geht und ich den Tauchgang nicht genossen habe; die Strömung war stärker als erwartet, die Sicht hat abgenommen, das Wetter ist umgeschwungen, kurz, die Bedingungen haben sich verändert. Manchmal ist man in der Lage, solche Unwägbarkeiten aufzufangen und die gute Nachricht ist, dass es um so leichter fällt, je mehr Taucherfahrung man hat. Aber manchmal kommt man aus dem Wasser und wünscht sich, man wäre gar nicht ins Wasser gegangen. Ungünstige Konditionen kann man jedoch nicht jemand anders unterschieben.

    Wann immer man sich unwohl und nicht sicher fühle, ist es die erste Pflicht für einen verantwortungsbewussten Taucher, dass er dies seinem Tauchpartner anzeigt. Ein Unwohlsein kann unter Wasser schnell zu Problemen und daraus resultierender Panik führen, Unsicherheit wirkt sich unmittelbar auf die eigene Tauchsicherheit und die Sicherheit des Tauchpartners aus. Unsicher sein, heisst, ich weiss nicht wie ich mit der Situation umgehen soll und das ist eine Gefährdung. Dies zuzugeben zu können, macht aus einem Taucher einen guten Taucher.

    Als ich also die Taucherin hatte, die mir am Ende des Tauchtages gesagt hatte, dass er ihr überhaupt nicht gefallen hat und sie sich mit mir unsicher gefühlt hat, habe ich zuerst geschockt reagiert und mich persönlich angegriffen gefühlt. Nach intensivem Nachdenken kristallisiert sich für mich heraus, dass diese Taucherin das Prinzip der Eigenverantwortung nicht verstanden hat. Wenn die Einstellung zu einer Sache richtig ist, dann kommt Spass und Freude von alleine, ich bin kein Entertainer, der den Clown für meine Kunden machen muss, damit diese Gefallen am Tauchen finden.

    Ich verhalte mich verantwortungsvoll, da ich vor dem Tauchgang im Briefing alle wichtigen Punkte erkläre. Ich halte die Taucher zu Ausrüstungs-check, Buddy- check und alle notwendigen Sicherheitsverfahren während des Tauchgangs an. Ich erkläre wie wichtig vor allem die Kommunikation ist. (Und meinerseits halte ich mich fit, kenne die Riffe, bilde mich weiter, zeige die Riffe … und tauche.) Alle anderen Entscheidungen hat der Taucher selber zu treffen und ich bin nicht für seine oder ihre Fehlentscheidungen verantwortlich.

    Schockiert bin ich immer noch, weil diese Taucherin mir ohne weiteres einen Tauchgang mit latenten Risiken zumutet, weil sie sich unwohl und unsicher gefühlt hat und meinte, dies durchstehen zu müssen ohne sich mir rechtzeitig mitzuteilen.

    Kommentare sind erwünscht und in diesem Sinne allzeit sicheres Tauchen.

    Christine

  • Tauche sicher.

    Tauche sicher.

    Gerade heute habe ich in meinem Open Water Diver Kurs wieder die Geschichte von Taucher X erzählt, mit dem ich einst in Hemmoor tauchen war. Dieses Wochenende werde ich nie vergessen, weil ich als nicht mehr ganz blutiger Anfänger – hatte ich doch schon stolze 100 Tauchgänge und war Divemaster – einen Tauchpartner hatte, der auf meine Fähigkeiten keinerlei Rücksicht genommen hatte und ich auch nicht in der Lage war, mich ihm verständlich zu machen. Kurz gesagt, ich bin ihm wie ein Idiot an der Flosse gehangen und habe versucht, mit seinem Tempo Schritt zu halten. Ich hatte auch am ersten Tag versucht ihm mein (mein?) Problem zu erklären, aber am folgenden Tag war es fast noch schlimmer, deshalb habe ich mir geschworen, nie mehr mit ihm zu tauchen.

    Als Tauchlehrer übernehme ich die Verantwortung bei der Ausbildung und versuche verantwortliches Handeln auch im Kurs zu vermitteln, damit die Taucher nach Abschluss eigenverantwortlich und mit fundierten Kenntnissen ihre Entscheidungen treffen. Ich gehe aber auch als Guide mit bereits zertifizierten Tauchern ins Wasser. Einige meiner schönsten Tauchgänge habe ich mit exzellenten Tauchern genossen. Und einige meiner Schlimmsten mit Tauchern mit einigen Tauchgängen im Logbuch (von erfahrenen Tauchern will ich hier nicht sprechen). Immer wenn die Leute meinten, sie wären besonders gut, so dass bestimmte Regeln für sie nicht mehr gelten. Da wäre im Besonderen das Buddyteam – Verfahren zu nennen und ganz im Allgemeinen, die Rücksicht, die ich auf Taucher nehme, die andere Leistungsgrenzen als ich haben. Aber auch Taucher, die eine gehörige Selbstüberschätzung ihrer eigenen Fähigkeiten haben, jagen mir regelmässig einen gehörigen Schrecken bei meinen Meertauchgängen ein. Zeichen, dass sie bei 30 m nur noch 50 bar haben, in der Deko sind, weil sie ihren Tauchcomputer nicht verstehen, Tieftauchgänge ohne erkennbare Planung und unverständlicherweise ohne Kontrollinstrumente durchführen (die Krönung war der Taucher, der kürzlich mit eigenem Lungenautomat aber ohne Tiefenmesser, wohl mit Uhr getaucht hat, den Advanced Nitrox Kurs bei einer Tauchschule hier belegen wollte und mir sagte, er halte sich in der Tiefe einfach immer nah bei mir), Fotografieren ohne auf ihre Partner zu achten und diese eine Einstellung noch schiessen wollen, obwohl der Tauchgang beendet wurde. Ich denke, diese Geschichten sind Standard Tauchlehrer- Erkenntnis, aber vielleicht doch irgendwann mal wert, ein Buch als Realsatire zu schreiben (das nur als Nebenbemerkung).

    Nun habe ich vor über einem Jahr meine Full- cave- Ausbildung gemacht. Relativ unausweichlich, wenn man im Paradies der Höhlentaucher wohnt. Soll ich auch noch erwähnen, dass viele der Aha- Effekte, von dem mir so viele Leute (Taucher wie Tauchlehrer) berichteten, die diesen Kurs machten, bei mir nicht auftauchten, einfach, weil ich das Konzept des sicheren Tauchens schon zuvor realisieren wollte. Und nachdem ich meine Full- Cave- Ausrüstung endlich komplett hatte, fühlte ich mich wie der Bär, der vor dem Bienenstock voller Honig sitzt und seine Pratze nicht durch das Loch bekommt. Denn obwohl nur einige Kilometer von den ersten Cenoten- Löchern entfernt, ohne Auto kommt man einfach nicht hin. „Armes Ding,“ nein, das will ich gar nicht hören. Ich habe ja versucht, mich mit anderen Höhlentauchern zu verabreden. Manchmal hat es geklappt, leider viel zu selten. Und manchmal, leider viel zu oft für mein Empfinden, habe ich wieder dieses Gefühl, dass mein Tauchpartner hier Sachen macht, die ich nicht gutheissen kann.

    Man kann mich nun Memme, Weichei und sonstiges nennen. Ich tauche nun seit knapp 10 Jahren, habe ca. 2500 Tauchgänge. Ich bin stolz darauf, ich stehe völlig zu meinem Sicherheitsempfinden. Ich finde es nicht ok, wenn man tauchen geht, obwohl man weiss, dass der Lungenautomat einen geplatzen O- Ring hat und konstant abbläst; auch wenn es nur wenig ist. Das gefällt mir nicht im offenen Wasser, aber in einer Tauchumgebung ohne direkte Aufstiegsmöglichkeit zur Oberfläche und daher einem verzögertem Auftauchen irritiert mich das sehr, da im Notfall ja ich diesem Taucher mir meiner Luftreserve rausbringen muss. Ich finde es bedenklich, wenn ich von meiner Luftplanung, die nur dann die Drittel- Regelung sein sollte, wenn ich auf meinem Weg auch noch Notausstiegs- Luftlöcher habe, abweiche, um einen mir unbekannten Arm des Systems, der noch dazu durch eine Zone mit extremer Perkolation (durch die Ausatemblasen ausgelöste Teilchen, die die Sichtweite extrem herabsetzen können) und durch nicht allzu schmale aber dennoch vorhandene Verengungen führen, zu erforschen. Ich finde es unverantwortlich, wenn Cenote- guides von der Leine weggehen und bis zu vier Taucher hinter sich her schwimmen lassen und ihnen ein falsches Gefühl von Sicherheit geben, da der Guide ja die Höhle kennt. Ja aber der einzelne Taucher macht doch seinen ersten Tauchgang hier und kennt sie doch nicht und was ist, wenn genau der, der eben die geringere Leistungsgrenze hat, ein Problem gekommt? Ich kann gar nicht sagen, wie albern ich es finde, wenn Leute auf ein Sicherheitstraining vor dem Höhlen- Tauchgang (den sogenannten S-Drill) verzichten, bloss weil sie Luft sparen wollen. Was atme ich schon für ein paar Minuten auf so drei Meter im Eingangsbereich der Höhle weg? Ich finde es extrem gefährlich, wenn full-cave- diver Aussagen machen, dass sie in Solo- Tauchen ausgebildet sind, damit aber meinen, die Doppeltanks am Rücken seien ein ausreichend redundantes System dafür. Und noch gefährlicher ist es, wenn andere Taucher durch ein solches „Vorbild“ angespornt werden und zum Nachahmer werden. Ich wundere mich, wie Guides es schaffen, den Tauchern zu erklären, dass wenn ihr Tauchcomputer in die Deko springt, es dennoch kein Deko- Tauchgang ist, weil er ja beim Aufstieg wieder rausspringt. Nicht dass wir davon sterben werden, bloss weil wir einen Deko- Tauchgang gemacht haben. Aber für blöd muss ich sie ja auch nicht verkaufen, oder?

    Vergangenes Jahr, habe ich mir den Luxus geleistet, vorausschauenderweise ein Ausrüstungspaket von einer ehemaligen Taucherin zu kaufen und habe damit unter anderem drei weitere erste Stufen und etliche zweite Stufen und ein Stage- Rig erstanden. Ich frage erfahrene cave divern, um mir Pläne der Systeme zu beschaffen und hole sofern möglich die Meinung von den guten full- cave Tauchern vor Ort ein. Ich habe mir lange Zeit Gedanken darüber gemacht, ob ich als PADI Tauchlehrer diesen Schritt verantworten kann und inwieweit dies mit meiner Einstellung zum sicheren Tauchen zusammenpassen kann. Vor einigen Wochen hatte ich das super Glück, von meinem Bekannten ein Auto für einige Zeit zur Verfügung gestellt zu bekommen. Schlussendlich habe ich mich dafür entschieden: ich gehe solo tauchen und ich fühle mich sicher. Ich benutze einen stage tank, den ich Harvey nenne, der mein Buddy ist. Meinen Hauptluftvorrat plane ich maximal bis zur Viertel- Regelung, die Stage- Flasche (heisst sie dann eingentlich noch stage?) wird bis auf den Test nicht berührt und während des Tauchgangs immer bei mir mitgeführt. Ich übe an einfachen Höhlensystemen und mache alleine bisher keine komplizierten navigatorischen Entscheidungen (keine mehrfachen jumps, ausser dem ersten von der cavern Leine weg). Ich habe kein Ziel, wenn ich in die Höhle gehe (muss also keinen definierten Endpunkt erreichen, und setze mich damit nicht unter Druck), ausser dem Ziel, Spass zu haben, den Tag zu geniessen. Ich habe für meinen Tauchgang den ganzen Tag Zeit und natürlich schlafe ich aus, bereite mich in aller Ruhe vor, entspanne und geniesse. Ich freue mich, wenn es gut läuft und finde es erstaunlich, dass mein 110 min Tauchgang gefühlsmässig einer meiner kurzen Tauchgänge war. Daraus lerne ich! Und ich bin froh, dass ich mit manchen Leuten nicht mehr tauchen muss.

    Leider sind diese Negativ- Beispiele oben keine Einzelfälle. Indem ich den menschlichen Faktor weglasse, minimiere ich somit die Fehler- und mögliche Risikoquelle. An dem Tag, an dem mich erfahrene Taucher oder Tauchlehrerkollegen als Autorität anerkennen, ohne dass ich dafür kämpfen muss, wenn ich mein Wissen vermitteln kann, ohne mir blöd vorzukommen, wenn ich mein Tempo gehen kann, ohne darauf hinweisen zu müssen, dass hinter der Langsamkeit der Genuss steht, ja dann entscheide ich mich wieder, einen Fun- Tauchgang mit Buddy zu unternehmen. Und wie gesagt, manchmal hat es ja schon geklappt. Und dann hoffe ich immer noch, dass ich einen Mentor finde, der mir noch mehr gute Sachen im Tauchen beibringen kann.

    Comments welcome. Kommentare willkommen und geschätzt.